Die Ukraine kündigt ihren Ausstieg aus dem Ottawa-Vertrag an, während das Land zum am stärksten mit Antipersonenminen kontaminierten Land der Welt wird.

Minen und andere Waffen Stop Bombing Civilians
Ukraine

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein Dekret unterzeichnet, in dem er den Ausstieg der Ukraine aus dem Ottawa-Vertrag ankündigte, der den Einsatz, die Lagerung, die Herstellung von und den Handel mit Antipersonenminen verbietet. Diese Entscheidung stellt einen dramatischen Wendepunkt für die Sicherheit der Zivilbevölkerung in einem Land dar, das von mehr als drei Kriegsjahren gezeichnet ist. Die Ukraine ist damit nach Finnland, Polen, Estland, Lettland und Litauen der sechste Staat, der aus dem Vertrag aussteigt oder dies beabsichtigt. 

Une image contenant texte, capture d’écran, Police, conception Description générée automatiquementDas Banner, das vom 2. bis 27. Juni am Broken Chair vor dem Palais des Nations von der Internationalen Kampagne für das Verbot von Antipersonenminen (ICBL) und Handicap International angebracht wurde.

Une image contenant texte, capture d’écran, Police, conception Description générée automatiquementDas Banner, das vom 2. bis 27. Juni am Broken Chair vor dem Palais des Nations von der Internationalen Kampagne für das Verbot von Antipersonenminen (ICBL) und Handicap International angebracht wurde. | © V.Vanniasingam / HI

«Der Austritt der Ukraine mitten im Krieg steht im Gegensatz zum Geist des Ottawa-Vertrags, der einen Ausstieg während eines bewaffneten Konflikts untersagt. Dadurch wird eine internationale Regel geschwächt, die für den Schutz der Zivilbevölkerung fundamental ist. Wir erkennen das Recht auf Verteidigung an, aber Minen sind in modernen Kriegen nur von geringem strategischem Wert. Ihr Einsatz zur Verteidigung der Grenzen ist begrenzt und höchst fragwürdig. Sie halten einen entschlossenen Gegner nicht auf und schaffen langfristige Risiken, die noch lange nach Beendigung des Konflikts bestehen bleiben», erklärt Daniel Suda-Lang, Direktor von Handicap International Schweiz. «Wir fordern die Ukraine und alle Staaten auf, die internationalen humanitären Normen einzuhalten und den Schutz der Zivilbevölkerung zur obersten Priorität zu erklären. Es ist wichtiger denn je, die Prävention zu verstärken, die Unterstützung der Opfer auszubauen, in die Minenräumung zu investieren und so die kommenden Generationen zu schützen», betonte er.  

Ukraine, das am stärksten verminte Land der Welt 

Die Ukraine ist das am stärksten mit Antipersonenminen und Sprengkörpern kontaminierte Land: fast 138’500 km² Land- und 14’000 km² Wasserfläche sind verminti – ein Viertel des Landes. Elf Regionen, darunter Donezk, Charkiw, Cherson und Kiew, sind betroffen. Der Einsatz von Antipersonenminen durch die Ukraine wurde bereits 2022 in der Region Isjum dokumentiert. Die Vereinigten Staaten haben Ende 2024 ebenfalls zwei Lieferungen von Antipersonenminen in die Ukraine durchgeführt. Diese Entscheidung erzeugt einen äusserst besorgniserregenden Präzedenzfall. 

Verheerende menschliche und wirtschaftliche Folgen 

Zwischen Februar 2022 und Mai 2025 wurden mehr als 1500 Zivilist:innen durch Minen und explosive Kriegsmunition getötet oder verletzt. Im Mai 2025 gab es einen besorgniserregenden Anstieg mit 53 verletzten oder getöteten Zivilist:innen: Das sind dreimal mehr als der Durchschnitt der vorherigen Monate. 

Antipersonenminen führen zu Verstümmelungen, Behinderungen, Traumata und erschweren den Wiederaufbau drastisch. Sie kontaminieren das Land nachhaltig, gefährden die Ernährungssicherheit, verhindern die Rückkehr von Vertriebenen und behindern humanitäre Hilfeleistungen. Die ukrainische Landwirtschaft – für die Wirtschaft des Landes fundamental – ist ebenfalls stark betroffen: mehr als 700 Hektar ländliche Gebiete sind nun nicht mehr nutzbar. Die wirtschaftlichen Kosten werden auf jährlich mehr als 11 Milliarden USD geschätzt. 

Ottawa-Vertrag in Gefahr: eine Konferenz in Genf, gehüllt in das Schweigen der Staaten

Vom 17. bis 20. Juni 2025 trafen sich die Vertragsstaaten des Ottawa-Vertrags in Genf: Zum ersten Mal seit der Austrittsankündigung von fünf europäischen Ländern (Estland, Litauen, Lettland, Finnland und Polen). Handicap International und die Internationalen Kampagne für das Verbot von Antipersonenminen (ICBL) forderten eine entschlossene Reaktion. Während Norwegen, Südafrika und Mosambik versuchten, den Vertrag zu schützen, hat die Mehrheit der Staaten nicht mit der notwendigen Entschiedenheit Stellung bezogen. 

Dieses Schweigen führt zu einem besorgniserregenden Dominoeffekt, bedroht die Integrität des Vertrags und untergräbt jahrzehntelange humanitäre Fortschritte. Anlässlich dieser Konferenz hat Handicap International ein Banner an der Skulptur «Broken Chair» in Genf gegen die Rückkehr zu Antipersonenminen angebracht, als Zeichen der Mobilisierung gegen den Rückschritt bei humanitären Standards. 

2 Juli 2025
Einsatzländer

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Nadia Ben Said
Verantwortliche Medien
(FR/DE/EN)

Tel : +41 22 710 93 36
[email protected]

HELFEN
Sie mit

Lesen sie weiter

Gaza: Stellungnahme zum Chaos bei der Hilfsverteilung
© K.Nateel / HI
Nothlife Stop Bombing Civilians

Gaza: Stellungnahme zum Chaos bei der Hilfsverteilung

Banner am Broken Chair gegen die Rückkehr von Minen
© V.Vanniasingam / HI
Minen und andere Waffen Mobilisierung Stop Bombing Civilians Veranstaltung

Banner am Broken Chair gegen die Rückkehr von Minen

Nachdem Finnland, Estland, Lettland, Litauen und Polen ihren Ausstieg aus dem Vertrag über das Verbot von Antipersonenminen angekündigt haben, kommen die Vertragsstaaten vom 17. bis 20. Juni in Genf erstmals wieder zusammen. Handicap International und die Internationale Kampagne für das Verbot von Antipersonenminen fordern die Staaten dazu auf, sich entschieden gegen den Austritt der fünf Länder zu stellen.

Zivilbevölkerung in 74 Ländern von Explosivwaffen betroffen
© HI
Minen und andere Waffen Stop Bombing Civilians

Zivilbevölkerung in 74 Ländern von Explosivwaffen betroffen

Der EWIPA-Monitor 2024 berichtet von verheerenden humanitären Folgen durch den Einsatz von Explosivwaffen in Wohngebieten. Handicap International weist darauf hin, dass in 74 Ländern Zivilist:innen verletzt oder getötet und Infrastruktur beschädigt wurden. Vor allem die Zivilbevölkerung in den Palästinensischen Gebieten, aber auch im Libanon, in Myanmar, Sudan, Syrien und der Ukraine waren betroffen. Die Angriffe auf zivile Infrastruktur wie Kliniken oder Schulen stiegen zudem stark an.

 

Kontakt

Handicap International Schweiz
Avenue de la Paix 11, 1202 Genf
+41 (0)22 788 70 33
[email protected]

Uns kontaktieren

IBAN: CH66 0900 0000 1200 0522 4

 
 

Suchbegriff eingeben

 
 

Unser Netzwerk

 
 

Folgen Sie uns